Haushaltsrede vom 20. Dezember 2011

Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

sehr geehrte Gemeinderatskolleginnen und Kollegen,

sehr geehrter Herr Schäfer mit Mitarbeitern,

Finanzkrise, Eurokrise, Griechenlandkrise, Schuldenkrise, Rettungsschirme, Hebel, Ratingagenturen, Qua Vadis Euro?

Mit diesen Schlagworten und der Frage : „Wo gehst du hin Euro?“ beginnt unser Kämmerer – Herr Etzel – die Einführung zum Haushaltsplan 2012.

Auf den ersten Blick ist es unverständlich wie Griechenland, ein Land mit der Bevölkerungszahl Baden-Württembergs den Euro und die EU ins Wanken bringen kann.

Aber es ist ja nicht nur Griechenland, das überschuldet ist, auch die anderen EU Länder, Deutschland eingeschlossen, haben einen zu hohen Schuldenstand.

So wird in allen Staaten, auch in Deutschland, auf Landes- und Bundesebene eine geringere Neuverschuldung bereits als Erfolg gewertet.

Quo vadis Finanzpolitik?

Auch Hemmingen hat Schulden. Im Kernhaushalt sind wir zwar schuldenfrei, bei den Eigenbetrieben stehen aber zum 31.12.2011 Schulden in Höhe von etwas über 3,9 Millionen Euro an. Laut Haushaltsplan werden sich diese Schulden für die Eigenbetriebe im Gesamten bis zum Jahr 2015 auf knapp 2,9 Millionen Euro verringern. Mit diesen relativ geringen Schulden stehen wir im Vergleich zu anderen Kommunen sehr gut da.

Verringern werden sich voraussichtlich auch unsere Rücklagen, bis 2015 um knapp über 14,5 Millionen auf knappe 3,7 Millionen Euro. Dass wir unseren Haushalt über Rücklagen ausgleichen können, ist ein Zeichen dafür, in den letzten Jahren gut gewirtschaftet zu haben, und dass man in Hemmingen in den fetten Jahren für die mageren Jahre vorgesorgt hat.

Ich denke, dass wir hier ein Triple A von Modys und Konsorten verdient haben.

Weiterhin steigen werden die Personalausgaben, im Jahr 2012 um 472 000 Euro zum Vorjahr.

Allein bei den Kindergärten – ohne Hort – sind die Personalkosten in den letzten 10 Jahren von 826 000 auf 1,5 Millionen Euro gestiegen.

Die bisherige finanzielle Ausstattung der Gemeinde war sehr gut. Dies haben wir auch einem guten Gewerbemix in Hemmingen zu verdanken. Hierfür möchte ich mich im Namen der Freien Wähler bei allen Gewerbetreibenden bedanken, dass sie in Hemmingen investiert haben, Arbeitsplätze schaffen, und auch weiterhin investieren werden.

Dem neu gegründeten Gewerbeverein WISO Hemmingen, welcher als Bindeglied zwischen Wirtschaft, Kommune und Bürger dient, wünschen wir alles Gute und ein gutes Gelingen.

Durch die Wirtschaftskrise und die hohen Umlagen an Bund, Land, Region und Kreis ist unsere finanzielle Grundlage etwas schlechter geworden.

Bund, Land, Region, Kreis, Gemeinde, dies sind fünf Verwaltungsebenen und darüber dann noch die EU. Hier stellt sich für mich die Frage, dies ist meine persönliche Meinung und nicht Fraktionsmeinung, ob in diesem System nicht zwischen Bund und Kommune auf eine oder sogar zwei Ebenen verzichten werden kann.

Sollte sich an der finanziellen Ausstattung der Gemeinde nichts ändern, so müssen wir uns wohl oder übel Gedanken über Steuererhöhungen machen. Auch Gebühren zum Beispiel bei der Bibliothek, welche jedes Jahr Ausgaben von etwas über 400 000 Euro verursacht, dürfen dann kein Tabu mehr sein.

Aber auch um Kürzungen bei so manchen Freiwilligkeitsleistungen kommen wir dann nicht mehr herum.

Ein ganz kleiner Schritt in diese Richtung ist unser Antrag Nr. 6 zur Streichung einer Subvention der Landwirtschaft von 1.300.- € jährlich. Leider wurde dieser Antrag, aus falsch verstandener Tradition und der Unwilligkeit über einen kleine Betrag im einzelnen zu entscheiden, mehrheitlich abgelehnt .

Ein weiteres Thema, welches vor allem uns in Baden Württemberg bewegt hat, ist der Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhof. Der Volksentscheid zu Stuttgart 21 ist entschieden, ob aber der Streit über das Bauvorhaben beendet ist wird sich erweisen.

Endlich mehr Demokratie, welche vom Bürger ausgeht sagen die einen, die anderen sind der Meinung, dass sich die Politik vor Entscheidungen drücken will.

„Allen Leuten recht getan ist eine Kunst die keiner kann“

Passend zu dem Thema Volksentscheid und Mitbestimmung haben sich in Hemmingen Bürger jeglichen Alters zusammengefunden um Ihre Interessen und Ideen beim Bau und der Gestaltung des Freizeitplatzes einzubringen.

Dieses Engagement wurde mit dem Gerhard Kiechle Preis der Gemeinde Eichstetten für beispielhafte kommunale Zukunftsentwicklung belohnt.

Die Größe und Ausstattung des Familienfreizeitplatzes, welcher im nächsten Jahr verwirklicht wird, ist aber nur machbar aufgrund einer noch guten finanziellen Ausstattung der Gemeinde. Solche Projekte gehören zu den Freiwilligkeitsleistungen einer Gemeinde und können bei einer schlechteren finanziellen Ausstattung in dieser Form nicht geleistet werden.

Die Schulreform der neuen Landesregierung war zu Beginn ein einziges Chaos. Keiner wusste was kommt, alle konnten angeblich machen, wie sie es wollten. Hauptsache ein Konzept liegt vor. In der Zwischenzeit läuft es aber auf einen Zusammenschluss von Haupt- und Realschulen zu einer Gemeinschaftsschule hinaus. Ob dies, und in welcher Form, in Hemmingen machbar ist, ist für mich fraglich, da hier die Verwaltungsspitze und CDU Fraktion sich für einen Umzug des Kindergartens Seestraße in den Bau V der Schule entschieden hat. Die Entscheidung aus finanzpolitische Gründen kann ich nachvollziehen. Aber es geht hier nicht nur ums Geld, sondern auch um die Bildung unserer Kinder und den Erhalt einer ortsnahen Schulversorgung.

Herr Gentner hat angemahnt, dass es bei der Bildung nicht nur um Gebäude geht, sondern um Inhalte. Hier hat er in einem Gewissen Umfang recht. Allerdings ist für die Inhalte die jeweilige Landesregierung zuständig, ebenso für die Anzahl und Ausbildung der Lehrkräfte. Für die Ausbildungsstätten aber ist die Gemeinde zuständig, und was nützen uns Inhalte und gute Lehrer, welche wir schon in Hemmingen haben, wenn die Infrastruktur nicht stimmt.

Vor Jahren war in einem Kindergarten pro Gruppe ein Zimmer ausreichend und heute? Kernzeit, Ganztagsbetreuung, Kinder unter 3 Jahren, Mittagessen und Ruhezeiten. Was für Rahmenbedingungen brauchen wir zukünftig in der Schule?

Wir wissen es nicht. Und aus diesem Grunde waren wir bei den Freien Wählern, mit einer Ausnahme, für einen Umbau des alten Kindergarten oder aber für einen Neubau.

Die SPD Fraktion hat in einer Umfrage zu diesem Thema auf dem Wochenmarkt versucht, die Bürger nach Ihrer Meinung zu Schule und Kindergarten zu befragen, auch ob sie mit der Hemminger Grund- und Hauptschule zufrieden sind. Das Ergebnis wurde im Mitteilungsblatt vom 28. Oktober bekannt gegeben. Liebe Genossinnen und Genossen, zu einer guten Umfrage gehört nicht nur, das Abstimmungsergebnis zu veröffentlichen, sondern auch die Fragestellung sowie die Anzahl der befragten Personen muss genannt werden. Denn für die Aussagekraft und die Glaubwürdigkeit einer Umfrage ist die Teilnehmerzahl von ent-scheidender Bedeutung.

Die Schule wurde bei Ihrer Befragung mit ausreichend benotet. Wenn ich Ihre Darstellung der Ergebnisse benoten müsste würde ich sagen: SPD, setzen, sechs.

Weitere Bauobjekte sind das sogenannte Ersatzgebäude oder auch Ärztehaus in der Ortsmitte. Hier hat am 15.12. das Richtfest stattgefunden. Die Gemeinde hat, auch um den Bau zu beschleunigen, Räumlichkeiten im Gebäude erworben. So soll im Erdgeschoss eine Begegnungsstätte entstehen. Hierfür möchten wir einen Namen finden, um die Identifikation der Bürger mit den Räumen zu erhöhen.

Das Heimatmuseum mit Scheuer geht nach langer Umbauphase dem Ende zu. Wie wir mit dem Gebäude Haus Nr. 5 verfahren, muss noch entschieden werden. Ob wir es abreißen und durch eine neues Gebäude ersetzen oder aber renovieren ist noch ungewiss.

Da die Scheuer nicht komplett vom Heimatgeschichtlichen Verein genutzt werden kann bietet sich hier auch eine Nutzung als Veranstaltungsraum der Vereine an.

Aus diesem Grund möchten wir für einen Kücheneinbau 20.000,- € im Haushalt bereitstellen.

Um die ständig steigenden Anforderungen bezüglich Hygienevorschriften einzuhalten, werden wir um eine separate Küche nicht herum kommen, damit auch zukünftig kleine Vereinsfeste und Veranstaltungen wie z.B. am Krämermarkt stattfinden können.

Die energetische Sanierung der Sporthalle I ist fast abgeschlossen, es fehlt lediglich noch die Solaranlage zur Warmwasserbereitung.

Weitere Sanierungen an gemeindlichen Gebäuden werden folgen. Vorrangig ist für mich das Gebäude Seestr. 45-49. Ich bin zwar immer noch der Meinung, dass wir dieses Gebäude hätten verkaufen sollen, um unseren Bestand an Mietwohnungen zu reduzieren. Da dies aber im Gemeinderat nicht mehrheitsfähig ist, sollten wir uns nun daran machen, dieses Gebäude energetisch auf den neusten Stand zu bringen.

Das nächste große Projekt in Hemmingen ist das Wohngebiet Hälde. Nach langem hin und her, und gefühlten 20 Jahren, geht es jetzt endlich los. Wenn alles nach Plan verläuft, soll Mitte nächsten Jahres mit den Tiefbauarbeiten begonnen werden. Dieses Baugebiet umfasst ca. 6 Hektar Fläche mit 160 Wohneinheiten. Es sollen Ein- und Zweifamilienhäuser aber auch Mehrfamilienhäuser entstehen. Somit können wir bauwilligen Familien aus Hemmingen einen Bauplatz anbieten, aber auch für einen weiteren Zuzug sind wir in einer der stärksten Wirtschaftsregionen Deutschlands bestens vorbereitet.

Zu diesem Baugebiet gehört auch die Nordrandstrasse. Erstens zur Erschließung von Westen, und zweitens stellt sie die einzige Variante zur Reduzierung des innerörtlichen Verkehrs dar. Auch wenn einige behaupten, diese Straße würde Verkehr aus Hochdorf und von der B 10 anziehen, so ist es mir lieber, wenn der Verkehr bei einer Sperrung der B 10 um Hemmingen herum fährt, als dass er durch den Ort geleitet wird. Auch die Bewohner des Schauchert werden diese Straße nutzen, vor allem bei einer zukünftig stärkeren Frequentierung der Strohgäubahn und der Aussicht alle 20 Minuten für 3 Minuten vor verschlossenen Bahnschranken zu stehen.

Hälde, Heimatmuseum, Friedhof, Lindenstr., Nordrandstr., Ortskernsanierung, Ärztehaus, Kindergarten Seestr., Freizeitplatz.

Bei all diesen und noch weiteren nicht ganz abgeschlossenen oder zu beginnenden Bauvorhaben sind wir der Meinung, dass die Erledigung der begonnen und der bereits geplanten Baumaßnahmen Vorrang vor neuen Planungen hat, sodass das Bauamt die vorhandenen und bereits geplanten Aufgaben gestalterisch, fachlich und finanziell zu einem guten Ende bringen kann.

Ein weiterer Kraftakt für die Verwaltung ist die Neuberechnung der Abwassergebühren. Zum 1.1.2010 werden rückwirkend die Gebühren für Abwasser neu berechnet.

Das Abwasser wird jetzt nicht mehr nur nach dem Frischwasserverbrauch berechnet, jetzt hält auch das Oberflächenwasser, welches in den Kanal und somit in die Kläranlage eingeleitet wird, Einzug in die Kalkulation der Gebühren.

Bestehende Gewerbebetriebe und die landwirtschaftlichen Höfe sind hier die Verlierer, wobei die Landwirtschaft es leichter hat durch Sickergruben und dergleichen ihre Belastung zu senken.

Natürlich kann man sich bei dieser Neuberechnung über Sinn oder Unsinn streiten. Für uns Freie Wähler ist dies aber die gerechtere Verteilung der Gebühren nach dem Verursacherprinzip.

Bei den zu vergebenden Stromkonzessionen mit einer Laufzeit bis 31.12.2032, hat sich der Gemeinderat für die Wiedervergabe an die EnBW entschieden. Die Netzsicherheit sowie das finanziell geringere Risiko gaben den Ausschlag sich hier für die EnBW, und nicht für einen Stadtwerkeverbund, zu entscheiden.

Um die zukünftige Entwicklung der Gemeinde besser steuern zu können ist ein Gemeindeentwicklungsplan in Arbeit. Mit diesem soll auf die sich wandelnden Rahmenbedingungen reagiert werden.

Es werden Handlungsgrundlagen gebildet für zukünftige Planungen und Entscheidungen, um die bevorstehenden Aufgaben zu erleichtern und die Entwicklung der Gemeinde zu fördern.

Dies ist nur im Dialog mit den Bürgern möglich. Daher wird es zu Beginn des neuen Jahres eine Umfrage unter den Haushalten in Hemmingen geben. Hier hoffe ich auf eine rege Beteiligung der Bürger, damit wir auch aussagekräftige Ergebnisse bekommen.

In diesem Sinne: Quo vadis Hemmingen?

Vielen Dank an die Verwaltung für die geleistet Arbeit im Jahr 2011 und die Aufstellung des Haushaltsplanes nach altem Recht. Für 2013 werden wir im Haushaltsrecht auf die doppelte Buchführung umstellen und einen Haushaltsplan in einer ganz anderer Form bekommen. Es ist dann eine Bilanz mit Gewinn und Verlustrechnung wie sie jeder Betrieb aufstellen muss.

Alle Werte und Grundstücke, vom Bürostuhl bis zu den Straßen, die im Besitz der Gemeinde sind, werden finanziell bewertet, und wir wissen dann, was Hemmingen auf dem Papier Wert ist. Ich denke aber, das wir dann trotz den bevorstehenden Rücklagenentnahmen weiterhin ein Tripple A bekommen werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Für die Freien Wähler

Joachim Schäufelin

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