Eine gute Gemeinschaftsschule ist nicht von einer Oberstufe abhängig!

Möglichkeiten nach Abschluss einer GMS:

Die Gemeinschaftsschule (GMS) bietet nach der Sekundarstufe I mehrere Abschlüsse.
So können die Schüler den Hauptschulabschluss oder die Mittlere Reife ablegen – das Schulgesetz sieht auch einen Weg zum Abitur vor.
Da in unserem Umkreis vielfältige, ausreichende und gute Möglichkeiten gegeben sind, im Anschluss an die Gemeinschaftsschule das Abitur, auch ohne eine eigene Oberstufe in Schwieberdingen, zu erlangen, sehen wir diesen Bedarf einer Oberstufe in Schwieberdingen nicht.

Der Übergang in die Oberstufe eines allgemeinbildenden oder beruflichen Gymnasiums unterliegt nahezu den gleichen Voraussetzungen.
Die leistungsstarken Schüler, die auf dem erweiterten Niveau lernen, können mit dem Versetzungszeugnis in Klasse 11 und einem Notendurchschnitt bis 4,0 (sofern in keinem Kernfach eine 6 steht) in die Oberstufe einer Gemeinschaftsschule oder an ein berufliches Gymnasium (Klasse 11) oder in die 10. Klasse an ein allgemeinbildendes Gymnasium wechseln. Für den Übergang auf das allgemeinbildende Gymnasium ist es jedoch Voraussetzung, dass die Schüler die 2. Fremdsprache durchgängig ab Klasse 6 belegt haben. Es ist auch zu erwähnen, dass der Besuch der 10. Klasse des allgemeinbildenden Gymnasiums keine Wiederholung ist. Dieser Weg würde als G9-Variante zum Abitur an einem allgemeinbildenden Gymnasium führen!

Die Schüler, die in Klassenstufe 10 die Realschulprüfung abgelegt haben, und dabei in zwei der Fächer Deutsch, Englisch und Mathematik mindestens die Note gut und im dritten Fach mindestens die Note 3 und in allen maßgebenden Fächern mindestens einen Durchschnitt von 3,0 erreicht haben, können ebenfalls die Oberstufe eines beruflichen oder allgemeinbildenden Gymnasiums besuchen um das Abitur zu erreichen. Allerdings ist auch hier für den Wechsel an ein allgemeinbildendes Gymnasium die 2. Fremdsprache ab Klasse 6 Voraussetzung.

Und selbst wenn, nach dem erworbenen Schulabschluss der gewählte Weg über eine Berufsausbildung führt – steht jedem nach wie vor der 2. Bildungsweg über viele individuelle Wege in Baden-Württemberg offen, um sich weiter zu qualifizieren.

Gründe für die Ablehnung der Sekundarstufe II:

„Pädagogische Gründe“:

Die Sekundarstufe II lebt auch von der Größe des Jahrgangs und der damit möglichen Angebotsvielfalt der Kurse, die deshalb gebildet werden können. Der Vorteil von klein, fein, familiär – der in der Grundschule und auch in der Sekundarstufe I gegeben ist, verkehrt sich in der Sekundarstufe II zum Nachteil.
Diese vielfältigen Möglichkeiten sehen wir in Schwieberdingen – schon allein aufgrund der möglichen Größe – nicht gegeben. Dieser Aspekt fehlt uns völlig in der derzeit sehr emotional geführten Debatte zur möglichen Oberstufe. Daher können wir nicht einmal davon ausgehen, dass alle Schüler, die für die Oberstufe eventuell in Frage kommen würden, dann auch tatsächlich den Besuch der Oberstufe in Schwieberdingen wählen werden! Ganz zu schweigen davon, ob die Schüler aus den Gemeinschaftsschulen in Hirschlanden und Möglingen sich tatsächlich für einen Besuch an der Oberstufe in Schwieberdingen entscheiden werden, wenn große berufliche Gymnasien bzw. allgemeinbildende Gymnasien in guter, bzw. sogar besserer, Erreichbarkeit liegen.

Es wird uns immer wieder von Seiten der Glemstalschule suggeriert, dass ein Wechsel nach Klasse 10 auf ein anderes Schulsystem zum Erreichen des Abiturs für die Schüler unzumutbar, bzw. von Nachteil, sei. Hier weisen wir darauf hin, dass die „Kinder“ nach Abschluss der Klasse 10 um die 16 Jahre alt sind. Einen Wechsel an ein allgemeinbildendes oder berufliches Gymnasium halten wir, für diejenigen, die ein Abitur anstreben, für absolut vertretbar. Zum einen halten wir diese jungen Menschen für durchaus in der Lage, dass sie sich in einem anderen Schulsystem zurechtfinden – insbesondere dann, wenn die von der GMS vertretene neue Lernkultur vermittelt und während der Sekundarstufe I gefestigt wurde. Denn gerade Selbstlernprozesse, kooperative Lernformen und selbstverantwortliches Lernen sind in der Sekundarstufe II gefragt! Zum anderen sollte man sich vor Augen halten, dass diese Schüler gerade die allgemeine Hochschulreife anstreben – ein Reifezeugnis, welches ihnen die Fähigkeit zu einem Studium an einer Universität/Hochschule ausweist!
Außerdem, haben wir bis jetzt von keiner Seite Bedenken gehört, dass die Abgänger mit Hauptschulabschluss und Mittlerer Reife sich während ihrer Berufsausbildung, und dem damit verbundenen Besuch der Berufsfachschulen, ebenfalls in anderen Schulsystemen zurechtfinden müssen. Da wird das Können stillschweigend vorausgesetzt. Bei angehenden Abiturienten hat man da aber große Bedenken. Hier ist für uns die Argumentationskette nicht schlüssig!

Die Bedenken, dass ohne Oberstufe keine Gymnasiallehrer an die Glemstalschule kommen werden, teilen wir so auch nicht. Es gibt sehr wohl Gymnasiallehrer, die an GMS ohne Oberstufe unterrichten!

Zu Zeiten der Realschule Schwieberdingen-Hemmingen besuchten unsere Schüler mit Realschulempfehlung normalerweise ab Klasse 5 unsere Realschule. Teilweise entschieden sich auch Schüler mit Gymnasialempfehlung für die Realschule (G9 – über berufliche Gymnasien). Die Schule genoss die Anerkennung der Eltern, sie hatten das Vertrauen, dass ihre Kinder gut von Klasse 5 bis zur mittleren Reife geführt werden.
Nach Fall der Grundschulempfehlung bekam die Schule nun ebenfalls Zulauf von Hauptschülern – der Ruf nach einer GMS wurde laut, um diesen Spagat meistern zu können.

Bis zu diesem Zeitpunkt war diese Schule für unsere Grundschüler die weiterführende Schule für den mittleren Bildungsweg. Schüler mit Empfehlungen fürs Gymnasium gingen, und gehen auch heute, nach wie vor, bis auf einige o.g. Ausnahmen, auf die Gymnasien in Korntal und Markgröningen.

Nicht wenige Realschüler nutzten bzw. nutzen nach erfolgreicher Mittlerer Reife den anschließenden Besuch eines beruflichen Gymnasiums, um die Hochschulreife zu erlangen. Dass es im Anschluss keine Oberstufe gab, hinderte sie nicht daran.

Doch mittlerweile müssen wir feststellen, dass immer mehr potenzielle Grundschüler (vor allem mit Realschulempfehlung) unserer Schule den Rücken kehren. Nicht um ein Gymnasium, sondern eine REALSCHULE zu besuchen! Keine Realschule hat eine gymnasiale Oberstufe, und wird auch keine bekommen – trotzdem entscheiden sich Kinder und Eltern dafür! Und das obwohl es eine gut erreichbare Gemeinschaftsschule gibt – „in der alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam nach ihren individuellen Voraussetzungen gezielt gefördert werden…“

In unserer unmittelbaren Nähe ist ebenfalls eine Gemeinschaftsschule zur gleichen Zeit an den Start gegangen. Diese ist nicht, wie die Glemstalschule aus einer Realschule, sondern aus einer Haupt- und Werkrealschule, entstanden. Eine gymnasiale Oberstufe wird diese Schule nicht bekommen. Trotzdem konnte diese Schule Gymnasiallehrer, sowie Kinder aller Schulempfehlungen, auch der Gymnasialempfehlung, gewinnen. Auch einige Hemminger Kinder haben bereits ihren Weg über diese Gemeinschaftsschule gewählt und fühlen sich dort auch ohne Oberstufe sehr gut „aufgehoben“. Eine Oberstufe zu haben – macht eine gute Schule nicht aus!

Für uns stellt sich die Frage, ob nicht viele Eltern durch den unnötigen Fokus auf die gymnasiale Oberstufe die Gefahr sehen, dass ihre Kinder durchs Raster fallen, da sie diesen gymnasialen Anforderungen nicht entsprechen.

Beim Entschluss die Realschule Schwieberdingen-Hemmingen in eine Gemeinschaftsschule umzuwandeln, waren viele entscheidenden Fakten, die uns zu unserem heutigen Standpunkt führten noch gar nicht bekannt. Es ist uns wichtig hier darauf hinzuweisen, dass wir von einer völlig neuen Schulart sprechen, die noch mitten in ihrer Entwicklung steckt.
Die Stimmungsmache, die eine GMS ohne Oberstufe zur angeblichen „Reste-Schule“ herabstuft halten wir gegenüber den anderen 290 GMS im Land, die keine Oberstufe erhalten werden, für unverantwortlich und unvertretbar.

Finanzielle Gründe:

Der Sachkostenzuschuss, den der Schulträger vom Land erhält, beträgt für Schüler einer Gemeinschaftsschule derzeit noch über 1300 Euro. Für Realschüler und Gymnasiasten erhält der Schulträger nur gut 600 Euro überwiesen. Wenn man nun die massiven Einsparungen der Landesregierung zugrunde legt, wird dieser hohe Sachkostenbeitrag für Gemeinschaftsschüler sicher reduziert werden.

Trotz dieses hohen Beitrages des Landes muss der GVV als Schulträger in diesem Jahr ca. 200 000 Euro zum Betrieb der Glemstalschule beitragen.

Dieser Beitrag wird sich nach der Generalsanierung deutlich erhöhen.

Wir werden dann mit dem vierfachen Betrag zu rechnen haben, also mit 800 000 Euro. Diese setzen sich zusammen aus

  • Ca. 400 000 Euro für Zins und Tilgung – Basis ist eine Rate von 4 %. Jeder Prozentpunkt mehr schlägt dann mit 100 000 Euro zu Buche.
  • Ca. 200 000 Euro für Abschreibung – Doppik sei Dank muss die Abschreibung ja inzwischen im laufenden Haushalt erwirtschaftet werden. Wir in Hemmingen praktizieren dies bereits seit 2 Jahren.
  • Ca. 200 000 Euro Zuschussbedarf für den laufenden Betrieb – sollte der Sachkostenbeitrag um 100 Euro pro Schüler gesenkt werden, erhöht sich diese Zahl um 40 bis 50 Tsd. Euro.

Legt man den bisherigen Verteilungsschlüssel zugrunde, so wird der Hemminger Haushalt mit mindestens 320 000 Euro belastet. Nach einer zu erwartenden Änderung der Zinspolitik und einer möglichen Änderung der Zuschusspolitik des Landes müssen wir mit einem deutlichen Anstieg dieser Zahlen kalkulieren.

Die gerade genannten Zahlen beziehen sich ausschließlich auf den Betrieb einer Sekundarstufe I an der Glemstalschule nach der Generalsanierung.

Um eine Oberstufe an der Glemstalschule einzurichten, sind für weitere Klassenzimmer, Fachräume, Projektflächen und evtl. sogar Sportstätten Investitionen nötig, die sich sicherlich ebenfalls im Bereich von mindestens 15 Millionen Euro bewegen werden.

Für den Haushalt des Schulträgers würde dies eine weitere Belastung von mindestens 800 000 Euro bedeuten.

Fazit:

Anstatt den Eltern einzureden, sie müssten sich ohne Oberstufe geprellt fühlen und die Glemstalschule ohne Oberstufe verbal zur „Reste-Schule“ zu degradieren, sehen wir den Weg der Kooperation mit bereits vorhandenen Oberstufen an allgemeinbildenden und beruflichen Gymnasien als den richtigen. Bereits existierende Kooperationen anderer GMS bestärken uns in unserer Annahme.

Wir wollen eine Gemeinschaftsschule, die das Vertrauen genießt, unsere Schüler gut durch die Sekundarstufe I bis zur Mittleren Reife zu führen, und den leistungsstarken Schülern den Weg gut vorbereitet, um erfolgreich in die Sekundarstufe II (an einer anderen Schule ihrer Wahl entsprechend ihrer Neigungen) zu starten. Kurzum eine Schule, die bis zum mittleren Bildungsabschluss die Schule des Vertrauens unserer Bürger ist – so wie sie das auch als Realschule war!

Die vorhandenen Ressourcen, sowohl räumlicher – als auch personeller Art, optimal zu nutzen, statt noch mehr Konkurrenz und Überkapazität zu schaffen, ist für uns der richtige und nachhaltige Ansatz. Das ist für uns der Weg, den wir gegenüber unseren Bürgern und auch den nachkommenden Generationen vertreten können.

Daher lehnen wir den Beschlussvorschlag der Verwaltung für die GVV-Versammlung am 24.11.2016 ab. Diese Entscheidung hat sich hier keiner leicht gemacht.

 


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